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Persönliche Sachen des Bürgermeisters Körner wurden wiederentdeckt

Bei den Freilegungsarbeiten  am sogenannten Scharrn, der Passage im Rathaus zwischen dem Markt und der Scharrnstraße,  fanden sich in einem bisher unerschlossenen Kellerraum des Rathauses unter den Überresten eines Feldbettes persönliche Gegenstände aus dem Besitz eines deutschen Offiziers – wie es zunächst den Anschein hatte: Überreste einer Aktentasche, Hygieneartikel, Schuhe, Waffen und eine Brieftasche, die es uns ermöglichten, den einstigen Besitzer zu identifizieren:  Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um Hinterlassenschaften des letzten deutschen Bürgermeisters von Küstrin Hermann Körner! 

Körner war auch hochrangiger NSdAP-Funktionär – Kreisleiter der Partei im Kreis Königsberg (Neumark), heute Chojna. Seit 1939 Bürgermeister von Küstrin, nahm er 1945 auch aktiv an den Kämpfen um Küstrin teil (ihm unterstanden die Reste des sogenannten „Volkssturms“ und ebenso 303 Bataillons-Füsiliere, die um den Ortsteil Kuhbrücke auf heute deutscher Oderseite kämpften.)

Zusammen mit dem SS-General Reinefarth, dem von Hitler am 1. Februar ernannten letzten Festungskommandanten, war er mitverantwortlich für die viel zu späte Evakuierung der Zivilbevölkerung Küstrins (am 18./20. Februar 1945 !) Mit Reinefarth konnte er sich in der Nacht vom 29. Zum 30. März über Küstrin-Kietz bis zu den deutschen Linien durchschlagen. Unter falscher Identität lebte er zunächst in Potsdam, bis er sich, nachdem er von einem Küstriner erkannt worden war, über die Elbe nach Schleswig-Holstein absetzte. In mehreren Prozessen entlasteten sich Körner und Reinefarth gegenseitig von allen gegen sie erhobenen Vorwürfen, beide kehrten erfolgreich ins zivile Leben zurück. Körner wurde 1950 Bürgermeister der Stadt Reinbek bei Hamburg, 1977 verstarb er als respektierter und geachteter Bürger seiner Stadt.

Das wichtigste Indiz stellt ein Brief dar, der sich in der Brieftasche fand: eine im April 1943 von der Reichspropaganda-Behörde der NSdAP in München ausgestellte Bescheinigung, dass Körner ständig aus kriegswichtigen Gründen reisen müsse, weshalb ihm beim Kauf von Fahrkarten, Platzkarten und anderen Reservierungen jede Hilfe gewährt werden müsse.

Neben der Reinefarth-Monografie von Philipp Marti gibt es nur eine einzige bekannte Körner-Biographie:  sie findet sich im Rahmen eines von Otto H. Harders verfassten Porträts des Museumsvereins Reinbek, in dem dieser ein Loblied auf den ehemaligen Bürgermeister der Stadt und seine Verdienste singt. Seine NSdAP-Vergangenheit wird nicht erwähnt…